
Der Jahreskreis der alten Kelten wurde nicht linear verstanden, wie ein gewöhnlicher Kalender, sondern als geschlossener Kreis, in dem jede Phase die nächste vorbereitet. Das Ende einer Entwicklung bedeutete zugleich den Beginn einer neuen. Wachsen und Zurückziehen, Aktivität und Ruhe, Energie und Regeneration wechselten in einem stetigen Rhythmus einander ab.
Dieses zyklische Denken prägte alle spirituellen und energetischen Konzepte des keltischen Jahreskreises. Jede Bewegung der Sonne, jeder Wandel in der Natur und die Beobachtung der Mondphasen wurden als Zeichen für diesen fortwährenden Fluss wahrgenommen, dem das Leben selbst unterlag.
Heute können wir diese Sichtweise noch immer spüren, auch wenn unser Alltag durch künstliches Licht, digitale Medien und festen Zeitpläne stark geprägt ist. Der natürliche Rhythmus von Aktivität und Ruhe, von Wachstum und Rückzug wird oft überdeckt, doch wer genau hinsieht, erkennt, dass der Kreislauf der Jahreszeiten weiterhin unser Leben, unsere Energie und unser Befinden beeinflusst.
Aus dieser zyklischen Betrachtung ergab sich die klare Struktur des keltischen Jahreskreises, wie sie bei den alten Kelten beobachtet und gelebt wurde. Nicht ganz so wie wir ihn heute kennen, aber man erkennt die Parallelen ganz stark.
Die keltische Struktur
Bei den alten Kelten war der Jahreskreis noch zweigeteilt. Es gab noch keine vier Jahreszeiten wie wir sie kennen. Es gab das Sommerhalbjahr und das Winterhalbjahr. Jede der beiden Jahreszeiten hatte, wie heute unsere vier, besondere Qualitäten, Kräfte und einen direkten Bezug auf unser Leben, die Natur und auch die magische Wahrnehmung.
Es gab auch damals schon unsere Feste die den Jahreskreis prägten, allerdings waren es nicht die Feste die den Jahreskreis prägten und von denen er abhängig war. Er war viel mehr, dass manche Menschen heute leider übersehen. Er baute auf die Beobachtung der Sonne, des Mondes und der Naturzyklen auf.
Der Jahresbeginn im Winterhalbjahr
Damals beobachtete man also und wenn man sah es ist die Zeit das das Licht zu Ende ging, was heute mit dem Herbst gleichkommt, begann das Winterhalbjahr im Jahreskreis. Das konnte ich am letzten Papa-Wochenende erst an meinen Kindern beobachten. Gerade mein Sohn ist sehr empfänglich dafür und wunderte sich warum es gegen halb zehn schon so dunkel war.
Doch das schwindende Licht war damals nicht der erste Hinweis darauf das der Jahreskreis in das Winterhalbjahr wechselte. Wenn die Tiere sich zurückzogen und in den Winterschlaf gingen und die Pflanzen sich langsam zurückzogen wusste man, damals wie heute, es beginnt die dunkle und kalte Jahreszeit.
Seine Qualitäten waren schon bei den Kelten als dunkle, introspektive und konservierender Natur. Mit der Dunkelheit starb auch das Licht. Für die Menschen eine Zeit der Innenschau und Reflexion, zum Kräfte sammeln. Man befasste sich mit sich selber und der Vorbereitung von neuen Projekten. Doch auch schwang immer die Angst mit. Es war auch immer der Tod Thema in diesen Sorgen und Ängsten.
Heute nutzen wir diese Zeit anders und doch bleibt die Qualität im Jahreskreis seit jeher gleich
Es ist nicht mehr das Herdfeuer was uns leuchtet und zum reflektieren einlädt. Wir haben unbegrenzten Zugriff zu elektrischem Strom. Für uns wird es nie wirklich dunkel. Irgendwo leuchtet immer Licht, selbst in Parks und auf den Straßen. Egal ob es nun eine Straßenlaterne oder nur der Radiowecker im Schlafzimmer, das Leuchtdisplay der Waschmaschine oder die Lade-LED einer elektrischen Zahnbürste ist.
Wir müssen uns weniger mit uns selbst befassen, können uns jederzeit mit Handy, PC, TV oder sonst was beschäftigen. Diese Entschleunigung und auch den Fokus auf sich zu richten haben heute einige verloren. Vorbei die Zeiten in denen die Familie gemeinsam am Feuer saß und alten Märchen und Geschichten lauschen durfte. Vorbei die Zeiten in denen wir zur Ruhe kamen und uns mit uns als Menschen befassen konnten.
Egal ob Sommer oder Winter, ich merke dies immer sehr stark an mir. Ich brauche die Dunkelheit und auch die Möglichkeit mich zurückziehen zu können. Ich werde stiller und gehe eher in mich. Heute ist nachgewiesen, dass diese Phase des Jahres bei vielen Menschen depressive Stimmungen auslösen kann. Es ist, als ob die Welt um einen herum langsamer wird und die Dunkelheit auf unsere Stimmung wirkt, auf unsere Energie. Wer sich dem natürlichen Rhythmus hingibt, erkennt vielleicht, dass diese Rückzugskraft auch ein Geschenk sein kann. Ich brauche diese Ruhe auch emotional und Verarbeite die aufregende Sommerzeit, reflektiere was ich erfahren, erleben und auch lernen durfte und nutze die Zeit um einen Abschluss zu schaffen.
Die Jahreskreisfeste im Winterhalbjahr
Samhain (31. Oktober – 1. November, Sonnenfest)
Samhain markiert den Übergang vom Licht zum Dunkel und gilt als Verbindung zur Anderswelt. Es ist eine Zeit der inneren Einkehr und des Rückzugs, in der man Vergangenes reflektiert und Kräfte sammelt. Das Sonnenfest betont die Wendung der Sonne und die zunehmende Dunkelheit als natürliche Lebensrhythmus. Damals wie auch für viele Hexen heute steht Samhain immer noch für das Ende des alten und Anfang des neuen Jahres.
Yule (21. Dezember, Wintersonnenwende, Sonnenfest)
Yule feiert die Wiedergeburt des Lichts und die Rückkehr der Sonne. Die Tage beginnen wieder länger zu werden, und das Fest symbolisiert Hoffnung, Neubeginn und die Kraft, die in der Dunkelheit heranwächst. Als Sonnenfest steht Yule für den Rhythmus der Sonne und die zyklische Erneuerung der Natur.
Imbolc (1. Februar, Sonnenfest)
Imbolc ist das Fest des Lichts und der Reinigung, das Erwachen der Sonnenkraft in der noch kalten Jahreszeit markiert. Es lädt dazu ein, Altes loszulassen, sich auf Neues vorzubereiten und die ersten Impulse des Wachstums zu erkennen. Als Sonnenfest zeigt es die zunehmende Kraft der Sonne und die Rückkehr des Lichtes.
Ostara (20.–23. März, Frühlings-Tagundnachtgleiche, Sonnenfest)
Ostara steht für Balance von Tag und Nacht und den Neubeginn der Jahreszeit. Das Fest der Gleichheit von Licht und Dunkelheit symbolisiert Wachstum, Fruchtbarkeit und den Ausgleich der Kräfte. Als Sonnenfest macht es die harmonische Wendung der Sonnenkraft sichtbar und markiert den Beginn des aktiven, hellen Halbjahres.
Übergang vom Winter- ins Sommerhalbjahr
Wenn das Winterhalbjahr sich dem Ende zuneigte und die Tage wieder länger wurden, begann der Übergang in das Sommerhalbjahr. Allmählich nahm das Licht zu und die Energie stieg. Die Zeit der Innenschau wich der Tatkraft, die Kräfte erwachten, und alles begann nach außen zu streben.
Die Natur kündigte dies an: Pflanzen zeigten erste Knospen, Tiere wurden wieder aktiv, die Welt füllte sich mit Bewegung. Für die alten Kelten war dies eine besonders sensible Zeit, um Transformation zu begehen, um sich auf Neues vorzubereiten und die Kraft des Wachstums bewusst zu erkennen.
Der Beginn des Sommerhalbjahres
Wenn die Sonne wieder länger am Himmel stand und ihre Kraft zunahm, begann das Sommerhalbjahr, was etwa dem Frühling bis Herbst entspricht. Schon damals achtete man auf das Erwachen der Natur.
Die Pflanzen blühen, Bäume und Sträucher tragen erste Früchte, und die Tiere sind aktiv in der Aufzucht und Nahrungssuche. Alles um einen herum pulsiert vor Lebenskraft. In der Zeit können wir das auch an unseren Haustieren erkennen. Meine Katzen zum Beispiel liegen nicht mehr so viel faul und schlafend da, sondern tollen trotz ihres Alters immer mehr und sind auch tags viel aktiver. Damals wie heute war dies ein deutliches Zeichen dafür, dass die Zeit des Rückzugs vorbei ist und die Phase der Aktivität, des Wachstums und der Manifestation beginnt.
Die Qualitäten des Sommerhalbjahres im Jahreskreis waren schon bei den Kelten hell, aktiv und expansiv. Die Menschen nutzten diese Zeit, um nach außen zu wirken, Projekte umzusetzen und in der Gemeinschaft zu sein. Die Felder wurden bestellt und nicht nur für den Sommer sondern auch schon für den Winter Vorkehrungen getroffen, um sich ernähren zu können und auch den kargen Winter zu überleben.
Unser Jahreskreis ist ungebrochen und heute ähnlich wie damals
Es war die Zeit für Tatkraft, Kreativität und Begegnungen. Energie, Motivation und Handlungskraft stiegen spürbar, Ideen und Pläne konnten umgesetzt werden, und das Leben zeigte sich in seiner Fülle und Lebendigkeit. Das sehen wir jeden Tag, die Parks werden mit zunehmender Temperatur immer voller, Grillpartys nehmen zu und auch sonst sieht man die Menschen vermehrt im Freien und in Gruppen. Freunde, Familien, Festgesellschaften an jeder Ecke.
Für mich persönlich spüre ich diese Zeit als Einladung, aktiv zu werden, Neues zu schaffen und die Welt um mich herum zu gestalten. Die Energie des Sommers trägt mich, sie beflügelt Gedanken, stärkt den Willen und lässt Kreativität und Begegnungen in den Alltag fließen. Es zieht mich hinaus, so viele Kräuter wollen gesammelt werden, so viele Orte erkundet werden. Und wie einst die alten Kelten beginne auch ich Kräuter zu trocknen und für den Winter Vorräte, wie Räucherstoffe, Kräuterpestos und ähnliches anzulegen.
Die Jahreskreisfeste im Sommerhalbjahr
Beltane (1. Mai, Sonnenfest)
Beltane feiert die Fruchtbarkeit und das Wachstum in der Natur. Es ist eine Zeit, in der die Lebenskraft besonders stark spürbar ist, die Pflanzen in voller Blüte stehen und das Leben nach außen drängt. Das Sonnenfest betont die zunehmende Kraft der Sonne und die Energie des hellen, aktiven Halbjahres. Damals wie heute lädt Beltane dazu ein, Tatkraft, Kreativität und Begegnungen zu feiern und die eigene Lebenskraft bewusst zu ehren.
Litha (21. Juni, Sommersonnenwende, Sonnenfest)
Litha markiert den Höhepunkt der Sonnenkraft, das Licht erreicht seinen höchsten Stand. Es ist die Zeit der Fülle, der Lebenskraft und der maximalen Aktivität in Natur und Mensch. Als Sonnenfest zeigt Litha den Höhepunkt des hellen Halbjahres und macht die Kraft der Sonne und die Expansion allen Lebens sichtbar. Damals wie heute wird Litha genutzt, um Projekte, Ideen und Kreativität in voller Stärke zu manifestieren.
Lughnasadh (1. August, Sonnenfest)
Lughnasadh ist das Erntefest, die Zeit des Dankes für die Fülle der Natur. Die Früchte der Arbeit in Feld und Garten werden geerntet, geteilt und gefeiert. Als Sonnenfest verbindet Lughnasadh den Menschen mit dem Rhythmus der Sonne und der zyklischen Kraft des Wachstums. Es ist eine Zeit, um Erfolge zu würdigen, Fülle zu teilen und die sichtbare Manifestation der Sommerkraft zu achten.
Mabon (21.–24. September, Herbst-Tagundnachtgleiche, Sonnenfest)
Mabon steht für die Balance von Licht und Dunkelheit, den Abschluss der Erntezeit und den Dank für alles, was gewachsen ist. Es ist das letzte Fest im Sommerhalbjahr. Das Fest symbolisiert die harmonische Wendung der Sonnenkraft, während die Tage wieder kürzer werden. Als Sonnenfest macht Mabon sichtbar, dass nach der Fülle der Sommerzeit der Rückzug in Ruhe und Sammlung bevorsteht. Damals wie heute dient es der Reflexion, dem Dank und der bewussten Vorbereitung auf die dunklere Jahreszeit.
Übergang vom Sommer- ins Winterhalbjahr
Wenn das Sommerhalbjahr sich dem Ende zuneigte und die Sonne wieder abnahm, begann der Übergang in das Winterhalbjahr. Die Tage wurden kürzer, die Natur zog sich zurück, und die Lebenskraft floss in die Tiefe. Dies war die Zeit der Reflexion und des Loslassens, in der die Menschen sich auf Ruhe, Innenschau und Sammlung der Kräfte besannen.
Für die Kelten war dies eine Phase der Balance zwischen Aktivität und Ruhe, zwischen Leben und Tod, zwischen Sichtbarem und Verborgenem. Transformation und energetische Arbeit standen im Mittelpunkt, um vorbereitet zu sein auf die dunkle, stille Jahreszeit.
Dann begann alles wieder von vorne und das Rad dreht sich noch heute kontinuierlich im Sinne des Jahreskreises.